Halal Media Solution – Susann Uckan

Videobearbeitung, Grafik Design, Copywriting, Halal Business und Digital Marketing

Yasmin – Kapitel 1: To-do-Listen, überall

6:47 Uhr. Yasmin war schon seit einer halben Stunde wach, aber noch nicht aufgestanden. Sie lag im Bett und scrollte durch ihre Nachrichten, während Malik neben ihr friedlich schlief. 14 WhatsApp-Nachrichten, 23 E-Mails, 7 Instagram-DMs. Und der Tag hatte noch nicht einmal angefangen.

Eine Kundin fragte nach dem Status ihres Logodesigns. Eine andere wollte „nur kurz“ über eine Farbänderung sprechen. Ein potenzieller Neukunde hatte drei Anhänge geschickt mit der Bitte um ein „schnelles Angebot bis heute Mittag“.

Yasmin seufzte und schwang die Beine aus dem Bett. Malik murmelte etwas im Schlaf und drehte sich um. Wenigstens einer von uns kann noch richtig schlafen, dachte sie.

In der Küche wartete bereits die erste To-do-Liste des Tages auf sie. Mit bunten Post-its am Kühlschrank geklebt:

  • Logokonzept für Sarah finalisieren

  • Rechnung für Weber GmbH schreiben

  • Instagram-Post für heute

  • Terminvereinbarung Steuerberater

  • Einkaufen (!!)

  • Mama anrufen

Yasmin machte sich einen Kaffee und öffnete ihr Handy. In der Notes-App wartete Liste Nummer zwei:

  • Webseite für Neukunden aktualisieren

  • Portfolio überarbeiten

  • LinkedIn-Artikel schreiben

  • Preise anpassen (endlich!)

  • Backup der Dateien

  • Neue Visitenkarten bestellen

Dann war da noch die physische Liste auf ihrem Schreibtisch. Die digitale Liste in ihrer Projektmanagement-App. Die mentale Liste der Dinge, die sie ständig vergaß aufzuschreiben.

Listen. Überall Listen.

„Mama, wo ist mein Sportzeug?“ Lena kam verschlafen in die Küche getapst.

Yasmin blickte von ihrem Handy auf. „Äh… im Wäschekeller? Oder in deinem Zimmer?“ Sie wusste es nicht. Genauso wenig, wie sie wusste, wann sie das letzte Mal richtig eingekauft hatte oder ob sie den Elternabend nächste Woche im Kalender hatte.

„Ich find’s nicht“, quengelte Lena.

„Dann nimm das andere“, sagte Yasmin automatisch, während sie eine E-Mail überflog. Ein Kunde beschwerte sich, dass sein Projekt zu lange dauerte. Dabei hatte sie ihm doch geschrieben… oder hatte sie nur vor, ihm zu schreiben?

„Welches andere denn?“

Yasmin sah ihre Tochter an, die ratlos in der Küchentür stand. Acht Jahre alt und schon genervt von ihrer zerstreuten Mutter. Das tat weh.

„Komm, wir suchen zusammen“, sagte sie und klappte das Handy zu.

Zwanzig Minuten später – Sportzeug gefunden, Lena zur Schule gebracht, zweiter Kaffee – saß Yasmin an ihrem Schreibtisch und starrte auf ihren Computer. Drei verschiedene Programme waren geöffnet: Ihr Design-Tool, ihr E-Mail-Programm und eine Excel-Tabelle mit Kundendaten, die sie seit Monaten nicht mehr aktualisiert hatte.

Wo fange ich nur an?

Das war jeden Morgen die gleiche Frage. Nicht, weil sie nichts zu tun gehabt hätte. Sondern weil sie zu viel zu tun hatte und keine Ahnung, was am wichtigsten war.

Sie öffnete das Logodesign für Sarah. Fünfte Runde der Korrekturen. Sarah konnte sich nicht zwischen zwei Farbvarianten entscheiden und wollte „noch ein paar kleine Änderungen“. Kleine Änderungen, die Yasmin bereits drei Stunden gekostet hatten.

Ihr Handy summte. Instagram-Nachricht: „Hallo! Ich liebe deine Arbeit. Könntest du mir ein Logo machen? Mein Budget ist allerdings nicht so hoch. Vielleicht können wir uns auf 200 Euro einigen?“

200 Euro. Für ein Logo, das sie normalerweise für 800 Euro verkaufte. Yasmin seufzte. Früher hätte sie automatisch „Ja“ gesagt. Inzwischen wusste sie besser. Theoretisch.

Sie klickte die Nachricht weg, ohne zu antworten. Erst die dringenden Sachen, dann die neuen Anfragen.

Aber was war dringend? Das Logo für Sarah, das eigentlich schon letzte Woche fertig sein sollte? Die Rechnung für Weber GmbH, die sie seit zwei Wochen vor sich herschob? Der Instagram-Post, den sie seit Tagen plante, aber nie schaffte?

Yasmin öffnete ihre Projektmanagement-App.
47 offene Aufgaben in rot.
23 in gelb.
12 in grün, die allerdings auch schon überfällig waren, weil sie das System schon lange nicht mehr gepflegt hatte.

Das Problem war nicht, dass sie keine Systeme hatte. Das Problem war, dass sie zu viele hatte. Und keines davon funktionierte richtig, weil sie nie die Zeit fand, sie ordentlich einzurichten oder konsequent zu nutzen.

Ihr Handy klingelte. Unbekannte Nummer.

„Hallo, hier ist Yasmin.“

„Guten Tag! Mein Name ist Müller, ich rufe von der Steuerberatungskanzlei an. Sie wollten einen Termin vereinbaren?“

Ach ja. Das hatte sie vor drei Wochen vor, nachdem ihr Steuerberater ihr zum dritten Mal gesagt hatte, sie müsse ihre Buchführung besser organisieren.

„Äh, ja, genau. Wann hätten Sie denn Zeit?“

Während sie telefonierte, sah sie aus dem Augenwinkel, wie neue E-Mails eintrafen. Eine Mahnung. Eine Kundin, die fragte, wann ihr Projekt endlich fertig würde. Ein Newsletter, den sie abonniert, aber nie gelesen hatte.

Nach dem Telefongespräch – Termin vereinbart, in ihrem überfüllten Kalender gequetscht zwischen zwei Kundenterminen – starrte Yasmin auf ihren Bildschirm und spürte diese vertraute Schwere in der Brust.

Sie liebte ihre Arbeit. Wirklich. Es gab nichts Schöneres, als zu sehen, wie ein Design zum Leben erwachte. Wie eine Kundin strahlte, wenn sie ihr neues Logo sah. Wie eine Marke durch ihre Arbeit plötzlich professionell und authentisch wirkte.

Aber irgendwo zwischen dem fünften „nur noch eine kleine Änderung“ und der zwanzigsten unbezahlten Beratung war die Freude unter Bergen von Organisationschaos begraben worden.

Ihr Handy summte wieder. Malik: „Vergiss heute Abend nicht – wir wollten zu meinen Eltern.“

Yasmins Magen sank. Das hatte sie komplett vergessen. Wieder.

Sie scrollte durch ihren Kalender. Da stand es, klein und übersehen zwischen zwei Kundendeadlines: „Abendessen bei Maliks Eltern, 19:00“.

Wie sollte sie das schaffen? Das Logo für Sarah musste heute fertig werden. Die Rechnung für Weber GmbH konnte nicht länger warten. Und sie hatte versprochen, heute endlich den Instagram-Post zu machen, den ihre Follower seit Tagen erwarteten.

Yasmin lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schloss die Augen. Drei Jahre war es her, seit sie sich selbstständig gemacht hatte. Drei Jahre, in denen sie hart gearbeitet, sich einen Namen gemacht und eine treue Kundschaft aufgebaut hatte.

Aber statt stolz zu sein, fühlte sie sich ausgebrannt. Statt Freiheit spürte sie Gefangenschaft. In einem System, das sie selbst geschaffen hatte, aber nicht mehr kontrollieren konnte.

Das Ironische war: Sie wusste, was das Problem war. Sie hatte genug Produktivitäts-Podcasts gehört und Organisations-Blogs gelesen. Sie brauchte bessere Prozesse. Klarere Grenzen. Automatisierte Abläufe.

Aber wann sollte sie die Zeit finden, ihre Systeme zu überarbeiten, wenn sie kaum Zeit hatte, ihre täglichen Aufgaben zu erledigen?

Es war ein Teufelskreis. Und Yasmin wusste nicht, wie sie ausbrechen sollte.

Ihr Computer piepte. Neue E-Mail. Neue Aufgabe. Neuer Punkt für eine ihrer vielen Listen.

Yasmin öffnete das Logodesign für Sarah und machte sich an die nächste „kleine Änderung“.

Aber während sie arbeitete, nagte ein Gedanke an ihr: So konnte es nicht weitergehen.


Was Yasmins Chaos uns lehrt:

Erfolg kann zur Falle werden. Wenn das Business wächst, aber die Systeme nicht mitwachsen, verwandelt sich Fortschritt in Überforderung. Yasmin ist nicht faul oder unorganisiert – sie ist das Opfer ihres eigenen Erfolgs.

Das Problem liegt nicht am Mangel an To-do-Listen, sondern an zu vielen davon. Ohne klare Hierarchien und durchdachte Prozesse wird jede Aufgabe gleich wichtig – und damit gleichzeitig unwichtig.

Die größte Ironie: Yasmin weiß theoretisch, was sie braucht. Aber sie ist so tief im operativen Geschäft gefangen, dass sie keine Luft zum Atmen hat, geschweige denn Zeit für strategische Verbesserungen.

Der erste Schritt aus dem Chaos:

  • Nicht mehr Listen erstellen, sondern Listen konsolidieren

  • Unterscheiden zwischen „dringend“ und „wichtig“

  • Ein einziges, zentrales System etablieren (und die anderen abschaffen)

  • Zeit für Systemarbeit einplanen, auch wenn es paradox erscheint

Manchmal ist der erste Schritt zur besseren Organisation, mit dem Organisieren aufzuhören und stattdessen zu priorisieren.


Wird Yasmin den Mut fassen, ihre gewohnten Chaos-Muster zu durchbrechen? Oder wird sie weiter im Hamsterrad ihrer eigenen To-do-Listen gefangen bleiben? Das erfahrt ihr in Kapitel 2: „Ich will mehr – aber nicht noch mehr Stress“…

Link folgt in shaa Allah.
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Und hier ist die Story von Amina:

Das Kapitel 2 von Yasmin kannst du nun auch lesen:

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