
Amina starrte auf das leere Google-Dokument mit der Überschrift „Content-Ideen“. Seit einer Stunde saß sie vor dem Bildschirm und wartete auf Inspiration. Nach ihrem Gespräch mit Jasmin hatte sie sich vorgenommen, endlich herauszufinden, was ihre Zielgruppe wirklich wollte. Aber wo sollte sie anfangen?
Sie googelte „Content-Ideen für Business Coaches“ und wurde von einem Meer aus Listen überflutet:
„50 Post-Ideen, die deine Follower lieben werden!“
„Content-Kalender für Coaches – nie wieder ideenlos!“
„Die besten Hooks für mehr Engagement!“
Alles schön und gut, aber die Listen waren so generisch wie ihr alter Content.
„Teile deine Morning Routine“
„Poste ein Motivationszitat“
„Zeige deinen Arbeitsplatz“.
Das konnte jeder. Das sagte nichts über sie aus.
Frustriert klappte sie den Laptop zu und griff nach ihrem Handy. Vielleicht sollte sie einfach ihre „Konkurrenz“ analysieren, wie alle Tutorials empfahlen. Sie öffnete Instagram und suchte nach anderen Business Coaches.
Da war Sarah, die täglich Reels mit „5 Tipps für…“ postete. Julia, die ihre Luxus-Lifestyle zwischen Coachings zur Schau stellte. Melanie, die permanent ihre Erfolgsgeschichten teilte. Alle sehr erfolgreich, alle mit tausenden Followern.
Aber als Amina durch ihre Feeds scrollte, merkte sie etwas Seltsames: Die Posts sahen alle gleich aus. Die gleichen Farbpaletten, die gleichen Phrasen, die gleichen Posen. Es war, als hätten alle dieselbe Vorlage verwendet.
Ist das wirklich das, was Menschen sehen wollen? fragte sie sich. Noch eine Version derselben Tipps?
Ihr Handy summte. Eine Nachricht von Lisa, der Frau, die auf ihren ehrlichen Post reagiert hatte: „Hi Amina, ich habe eine Frage. Du hattest geschrieben, dass du früher in der Personalentwicklung warst. Ich sitze gerade in einem Job fest, der mich nicht erfüllt, aber ich traue mich nicht zu kündigen. Hast du Tipps, wie man den Mut für Veränderungen findet?“
Amina las die Nachricht zweimal. Das war eine echte Frage. Ein echtes Problem. Etwas, wobei sie wirklich helfen konnte, weil sie genau das durchgemacht hatte.
Sie begann zu tippen: „Oh Lisa, das kenne ich so gut! Als ich damals im Konzern war…“ Dann hielt sie inne. Warum schrieb sie das in einer privaten Nachricht? Das war doch genau der Content, nach dem sie suchte. Echter, persönlicher, hilfreich.
„Darf ich daraus einen Post machen?“, schrieb sie Lisa. „Anonym natürlich. Ich glaube, viele Frauen kämpfen mit diesem Thema.“
„Gerne! Ich würde mich sogar freuen, wenn du meine Geschichte teilst. Vielleicht hilft es anderen.“
Amina öffnete wieder ihren Laptop, aber diesmal nicht für generische Listen. Sie begann, ihre eigene Geschichte zu schreiben. Über die Nächte, in denen sie wach gelegen und sich gefragt hatte, ob sie verrückt war, einen sicheren Job aufzugeben. Über die Ängste, die Zweifel, aber auch über die kleinen Schritte, die ihr geholfen hatten.
Während sie schrieb, kamen ihr weitere Erinnerungen. An Kolleginnen, die ähnliche Fragen gestellt hatten. An Gespräche in der Mittagspause über Träume und Hindernisse. An all die Themen, die sie damals beschäftigt hatten und die andere wahrscheinlich auch beschäftigten.
Sie öffnete ein neues Dokument und begann eine Liste – aber diesmal nicht mit generischen Content-Ideen, sondern mit echten Fragen, die ihr gestellt worden waren:
„Wie überwinde ich die Angst vor Veränderung?“
„Was, wenn ich scheitere?“
„Wie erkläre ich meiner Familie, dass ich einen anderen Weg gehen will?“
„Woher weiß ich, ob eine Idee gut ist?“
„Wie finde ich Zeit für meine Träume neben Job und Familie?“
Jede Frage brachte eine Geschichte mit sich. Eine Erfahrung, die sie gemacht hatte. Eine Lektion, die sie gelernt hatte. Das war ihr Content. Nicht kopiert, nicht generisch, sondern echt.
Ihr Handy klingelte. Ahmad war dran.
„Wie läuft es mit deinem Instagram-Ding?“, fragte er.
„Besser“, sagte sie und merkte, dass sie es ernst meinte. „Ich glaube, ich hatte das Problem falsch verstanden.“
„Wie meinst du das?“
„Ich dachte, ich muss herausfinden, was meine Zielgruppe sehen will. Aber eigentlich muss ich herausfinden, wobei ich ihnen helfen kann. Das ist etwas ganz anderes.“
„Klingt logisch. Und wobei kannst du helfen?“
Amina schaute auf ihre Liste. „Bei allem, womit ich selbst gekämpft habe. Berufliche Veränderung, Selbstzweifel überwinden, den Mut finden, neue Wege zu gehen. Das klingt vielleicht nicht so glamourös wie ‚Manifestiere deinen Traumjob in 30 Tagen‘, aber es ist echt.“
Nach dem Gespräch ging sie auf Instagram und schaute sich ihre DMs der letzten Wochen noch einmal an. Nicht die Spam-Nachrichten oder Kooperationsanfragen, sondern die echten Nachrichten. Die Fragen, die Sorgen, die Geschichten, die Menschen mit ihr geteilt hatten.
Da war Petra, die nach ihrer Elternzeit nicht in ihren alten Job zurückwollte, aber nicht wusste, wie sie sich neu orientieren sollte. Da war Sabine, die eine Geschäftsidee hatte, aber Angst vor der Reaktion ihres Partners. Da war Anna, die sich ständig mit anderen verglich und dadurch gelähmt war.
Echte Menschen mit echten Problemen. Nicht die abstrakten „Buyer Personas“ aus den Marketing-Kursen, sondern Frauen wie sie selbst, die sich in Übergangsphasen befanden und nach Orientierung suchten.
Amina begann zu verstehen: Sie musste nicht herausfinden, was ihre Zielgruppe sehen wollte. Sie musste herausfinden, was ihre Zielgruppe durchmachte. Der Content würde sich dann von selbst ergeben.
Sie öffnete Instagram und begann einen neuen Post:
„Lisa hat mir eine Frage gestellt, die ich so gut kenne: ‚Wie finde ich den Mut für Veränderungen?‘ Vor drei Jahren saß ich nachts am Küchentisch und malte mir aus, wie es wäre, meinen sicheren Konzern-Job zu kündigen. Gleichzeitig hatte ich Panik davor. Was, wenn ich scheitere? Was werden die anderen sagen? Was, wenn ich einen Fehler mache?
Heute weiß ich: Der Mut kommt nicht vor der Veränderung. Er wächst mit jedem kleinen Schritt, den du gehst. Hier sind drei Dinge, die mir damals geholfen haben…“
Sie schrieb aus dem Herzen, ohne auf Hashtags oder optimale Posting-Zeiten zu achten. Sie schrieb für Lisa und für alle anderen Frauen, die nachts wach lagen und davon träumten, etwas zu verändern.
Als sie den Post veröffentlichte, spürte sie wieder dieses Gefühl von Richtigkeit. Das war es. Das war ihre Stimme.
Was Aminas Content-Durchbruch uns lehrt:
Die beste Marktforschung findet nicht in Umfragen oder Statistiken statt, sondern in echten Gesprächen. Deine Zielgruppe erzählt dir permanent, womit sie kämpft – du musst nur zuhören.
Die 3 wertvollsten Content-Quellen:
1. Deine eigenen DMs und Kommentare Menschen stellen dir echte Fragen. Das sind goldene Content-Ideen, verpackt als persönliche Nachrichten. Sammle sie, kategorisiere sie, beantworte sie öffentlich.
2. Deine eigene Geschichte Jedes Problem, das du durchlebt und gelöst hast, ist potentieller Content. Nicht als „Ich bin so toll“-Story, sondern als „Das habe ich gelernt“-Sharing. Menschen folgen der Reise, nicht der Perfektion.
3. Beobachtungen in Communities Facebook-Gruppen, Reddit-Threads, Kommentare unter verwandten Posts – überall teilen Menschen ihre Sorgen und Fragen. Das ist deine kostenlose Marktforschung.
Der Perspektiv-Wechsel: Nicht fragen: „Was will meine Zielgruppe sehen?“ Sondern fragen: „Womit kämpft meine Zielgruppe?“
Content entsteht aus Empathie, nicht aus Kreativität.
Wenn du weißt, was Menschen beschäftigt, schreibt sich der Content fast von selbst. Du musst nicht unterhalten – du musst verstehen und helfen.
Der Unterschied zwischen oberflächlich und wertvoll:
Oberflächlich: „5 Tipps für mehr Selbstvertrauen“
Wertvoll: „Warum ich nachts nicht schlafen konnte, bevor ich gekündigt habe – und was mir geholfen hat“
Das eine kann jeder googeln. Das andere kann nur du erzählen.
Wird Amina den Mut haben, weiter so persönlich zu bleiben? Und wie entwickelt sie aus ihren Erkenntnissen eine echte Content-Strategie? Das erfahrt ihr in Kapitel 4: „Strategie – klingt groß, ist aber machbar“
Hinterlasse einen Kommentar