Halal Media Solution – Susann Uckan

Warum Social Media Marketing zum Teufelskreis geworden ist

Es macht mich wütend. Und müde. Jeden Tag sehe ich, wie brillante Unternehmer mit großartigen Produkten verzweifelt versuchen, in diesem digitalen Schreikampf gehört zu werden. Drei bis fünf Sekunden… das ist alles, was uns bleibt, um aus der endlosen Flut von Content herauszustechen. Wer das nicht schafft, verschwindet im Nirgendwo der Algorithmen.

Ich beobachte diese Spirale seit Jahren, und sie wird immer brutaler. Was mich am meisten beschäftigt: Wir alle wissen, dass etwas fundamental schiefläuft, aber niemand weiß, wie er aussteigen soll, ohne unterzugehen.

Der Tanz um die Aufmerksamkeit und warum er uns alle kaputt macht

Die Mechanik ist simpel und herzzerreißend zugleich: Ich kenne Unternehmer, die nachts wach liegen und sich fragen, ob ihr Business morgen noch existiert, nur weil ihre letzte Kampagne nicht viral gegangen ist.

Wer Geld für bezahlte Werbung hat, kauft sich einen Vorsprung. Alle anderen? Sie tanzen diesen erschöpfenden Tanz der ständigen Content-Erstellung, hoffen auf den einen Post, der endlich durchbricht.

Mir bricht das Herz, wenn ich sehe, wie sich alles nur noch um diese eine Frage dreht:

Wie errege ich Aufmerksamkeit?

Während die wirklich wichtigen Fragen: Wie verbessere ich mein Produkt? Wie schaffe ich echten Mehrwert?, in den Hintergrund geraten.

Wir haben unsere Prioritäten komplett verdreht.

Die Inflation der Aufmerksamkeit oder: Wie wir alle abstumpfen

Es ist wie eine Droge. Was gestern noch schockierte, lässt uns heute kalt. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen ein simpler, ehrlicher Post ausgereicht hat. Heute? Da braucht es schon den dritten Superlativ im ersten Satz, sonst scrollt jeder weiter. Diese „Aufmerksamkeitsinflation“ zermürbt uns alle, sowohl die Ersteller als auch die Konsumenten.

Früher haben sieben Touchpoints gereicht, um Vertrauen aufzubauen. Heute sind es zwanzig, dreißig oder mehr. Und das Schlimmste: Selbst wenn jemand authentische Testimonials hat, werden sie durch die Masse der Fake-Bewertungen entwertet. Mit KI-generierten Avataren wird es bald unmöglich sein zu erkennen, was echt ist und was nicht. Ich frage mich manchmal: Vertrauen wir bald gar niemandem mehr?

Das Paradox der Qualität

Das macht mich am meisten wütend: Ich sehe täglich, wie mittelmäßige Produkte mit brillantem Marketing hervorragende Produkte mit authentischer, aber stiller Kommunikation überrollen. Es ist zum Verzweifeln. Die besten Köche haben oft die schlechtesten Restaurants, weil sie kochen können, aber nicht „performen“.

Die Scharlatane machen es für alle anderen noch schwerer. Sie setzen die Messlatte für Übertreibungen so hoch, dass ehrliche Kommunikation langweilig wirkt. Wenn jeder „revolutionär“, „einzigartig“ und „lebensverändernd“ schreit, wie soll da jemand, der einfach nur gute Arbeit leistet, gehört werden?

Wir bestrafen Bescheidenheit und belohnen Selbstdarstellung.

Das ist pervers.

Mögliche Auswege und warum sie mein Herz brechen

Manchmal, in hoffnungsvollen Momenten, sehe ich Lichtblicke.

• Systeme für echte Verifikation, wo Testimonials nachprüfbar sind.
• Lokale Netzwerke, wo Menschen einander noch vertrauen können.
• Unternehmen, die radikal transparent sind und dadurch Glaubwürdigkeit gewinnen.
• Eine „Slow Business“-Bewegung, die auf langfristige Beziehungen setzt statt auf schnelle Aufmerksamkeitsklicks.

Aber dann kommt die Realität zurück, und mir wird klar:

Das sind schöne Träume, aber sie funktionieren nicht in der Praxis.

Warum? Weil niemand das Risiko eingehen will, der Erste zu sein, der aus der Spirale aussteigt.

Das Gefangenendilemma der Moderne oder: Warum wir alle leiden

Das ist das Gemeine an dieser Situation:

Jeder von uns würde gerne aussteigen. Jeder würde lieber authentisch kommunizieren, auf Qualität setzen, langfristige Beziehungen aufbauen. Aber sobald nur einer in deiner Branche den aggressiven Weg geht, fühlst du dich gezwungen mitzuziehen… oder unterzugehen.

Ich habe Tränen in den Augen von Unternehmern gesehen, die eigentlich nur ehrlich über ihr Produkt sprechen wollten, aber sich gedrängt fühlten, zu übertreiben, Knappheit zu simulieren, Emotionen zu manipulieren. Das System macht uns alle zu Lügnern, auch die, die es nie sein wollten.

Es ist wie ein toxisches Arbeitsumfeld, aus dem niemand aussteigen kann, weil alle Angst haben, den Job zu verlieren. Nur dass hier ganze Branchen betroffen sind.

Die Verschwendung von Ressourcen und was mich nachts wach hält

Was mich am meisten schmerzt: All die verschwendete Kreativität. Stelle dir vor, all die schlauen Köpfe, die jetzt verzweifelt versuchen, den nächsten viralen Hook zu erfinden, würden stattdessen daran arbeiten, ihre Produkte zu verbessern. Alle Energie, die in Manipulation fließt, könnte in echte Innovation gesteckt werden.

Es ist wie ein Rüstungswettlauf, bei dem am Ende alle verlieren. Die Unternehmen sind erschöpft vom ständigen Kampf, die Kunden sind genervt und misstrauisch, und die wirklich guten Produkte? Die verschwinden im Lärm.

Ich denke manchmal an all die stillen Genies, die großartige Dinge schaffen, aber nie lernen werden, wie man „Aufmerksamkeit hackt“. Sie werden untergehen, während die lauten Mittelmaßigen triumphieren. Das ist eine Tragödie für uns alle.

Keine einfachen Lösungen in Sicht und trotzdem Hoffnung?

Wenn ich ehrlich bin, sehe ich keinen schnellen Ausweg.

• Regulierung? Die Politik versteht diese Welt nicht und hinkt Jahre hinterher.
• Generationswechsel? Die nächste Generation wird noch tiefer in dieses System hineingeboren.
• Technische Innovation? Wird schnell wieder von denselben Mechanismen vereinnahmt.

Selbst wenn wir alle den perfekten Ausweg kennen würden, bräuchten wir alle gleichzeitig bereit zu sein, ihn zu gehen. Und das ist das, was die Gefangenendilemma-Situation unmöglich macht.

Aber vielleicht – und das ist mein kleiner Funken Hoffnung – reicht es ja schon, wenn wir anfangen, ehrlich über dieses Problem zu sprechen. Wenn wir aufhören zu tun, als wäre das alles normal und okay.

Ein erster Schritt: Das Problem beim Namen nennen

Hier ist, was mir geholfen hat und was ich jedem rate, der sich in dieser Spirale wiederfindet: Hör auf, dich selbst dafür zu verurteilen, dass du in diesem System nicht funktionierst. Es liegt nicht an dir. Du bist nicht schlecht im Marketing. Du bist nicht zu langweilig oder zu ehrlich oder zu zurückhaltend.

Du bist ein normaler Mensch in einem völlig abnormalen System.

Diese Aufmerksamkeitsspirale ist real, sie ist mächtig, und sie lässt sich nicht durch guten Willen allein durchbrechen. Aber sie zu verstehen – wirklich zu verstehen, dass das Problem strukturell ist – das nimmt schon mal den Druck raus.

Und vielleicht, nur vielleicht, ist das der Anfang von etwas Besserem. Wenn wir alle anfangen zuzugeben, dass wir dieses Spiel eigentlich hassen, dann finden wir vielleicht auch gemeinsam einen Weg hinaus.

Häufige Fragen zum Thema Aufmerksamkeit und Social Media Marketing

Wie generiere ich mehr Aufmerksamkeit auf Social Media?

Die klassischen Methoden funktionieren noch: starke Hooks in den ersten 3-5 Sekunden, emotionale Triggers, kontroverse Aussagen. Aber die Frage ist: Willst du wirklich Teil dieser Spirale werden?

Warum funktioniert mein Social Media Marketing nicht?

Vielleicht funktioniert es nicht, weil du authentisch bleibst in einem System, das Übertreibung belohnt. Das Problem liegt oft nicht an dir, sondern am System selbst.

Wie kann ich ohne bezahlte Werbung auf Social Media erfolgreich sein?

Organisches Wachstum erfordert heute extremes Durchhaltevermögen und die Bereitschaft, das Aufmerksamkeitsspiel mitzuspielen. Es ist ein steiniger Weg geworden.

Was sind die besten Social Media Marketing Strategien 2026?

Die „besten“ Strategien sind oft die manipulativsten. Authentizität wird immer schwieriger durchzusetzen, aber langfristig nachhaltiger.

Wie viele Touchpoints braucht man heute für eine Conversion?

Früher waren es 7, heute oft 20 oder mehr. Die „Customer Journey“ wird immer länger und komplexer.

Was ist die Aufmerksamkeitsspirale im Marketing?

Ein selbstverstärkender Kreislauf, in dem immer extremere Inhalte nötig werden, um noch Aufmerksamkeit zu erzeugen. Niemand kann unilateral aussteigen.

Können gute Produkte ohne Marketing erfolgreich sein?

In der heutigen Zeit leider kaum noch. Qualität allein reicht nicht mehr aus, was paradox und frustrierend ist.

Was ist Slow Business im Social Media Zeitalter?

Der Versuch, langfristige Beziehungen aufzubauen statt auf schnelle Aufmerksamkeitsklicks zu setzen. Funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Aber um dein Gesicht zu wahren, würde ich es trotzdem einfach weiter so durchziehen.

Wie erkenne ich authentische von gefälschten Testimonials?

Wird immer schwieriger, besonders mit KI-generierten Inhalten. Verifikationssysteme könnten helfen, sind aber noch nicht weit verbreitet.